Zwischen Münzen und Megabytes: Wie Kinder heute Finanzkompetenzen entwickeln

08.02.2024

Die Kinder der Generation Alpha wachsen in einer hybriden Welt auf, in der es schwieriger denn je ist, Finanzkompetenz und -disziplin zu erlernen. Wir zeigen praxisnah, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können – vom ersten Taschengeld in bar über emotionale Geldgespräche bis zur Banking-App.

Hybride Gelderziehung: Spielgeld, Karten und Smartphones im Kinderzimmer

Auf dem Boden im Zimmer unserer beiden Kinder – eins im Kita-, eins im Grundschulalter – liegt seit Wochen jede Menge Geld herum. Nämlich seit wir von der Bundesbank Spielgeld bestellt haben und die vielen, vielen Pappmünzen gar nicht in die kleine Spielzeugkasse passen. Vor allem das Kita-Kind transportiert das Geld mit Vorliebe in Fahrzeugen von einer Seite des Zimmers in die nächste. Manchmal dürfen wir auch ein paar Münzen haben, um dann spielerisch einzukaufen. Ab und zu werden wir eher aufgefordert, mit Karte oder Handy zu bezahlen – und dazu gibt es dann in der Regel ein lautes „Piep“ aus dem Mund der Grundschülerin zur Bestätigung der Zahlung. Manchmal bekommen wir sogar Bargeld ausgezahlt! Ihr seht schon: Bei uns ist das Thema Geld im Kinderzimmer hybrid.

 

Wer seine Kinder finanzfit fürs Leben machen will, muss früh anfangen, zum Beispiel wie wir – weiter unten gibt es noch viele weitere Möglichkeiten.

Wichtig zu wissen: Die prägenden Jahre, um grundlegende   Kompetenzen im Umgang mit Geld zu entwickeln, sind zwischen sieben und neun Jahren, sagt auch die Studie „Habit Formation and Learning in Young Children“.

Blogartikel: Finanzbildung

Um mal ein paar Aspekte über Kinder in diesem Alter hervorzuheben: Sie sind neugierig und lernbereit und nun auch kognitiv dazu in der Lage, Konzepte wie Werte, Zahlen und den Austausch von Gütern zu verstehen. Eigene Wertvorstellungen beginnen sich zu entwickeln und Einflüsse durch Gleichaltrige oder Medienkonsum werden relevanter – das ist also die Phase für erwachsene Bezugspersonen, kritisches Denken zu fördern und ein positives Mindset in Bezug auf Geld zu prägen. Die Gewohnheiten, Einstellungen und Fähigkeiten, die Kinder in dieser Phase entwickeln, können langfristige Auswirkungen auf ihre finanzielle Gesundheit haben.

Das ist die entwicklungspsychologische Komponente. Ob Zufall oder nicht: Sieben Jahre sind auch rechtlich eine magische Grenze für Kinder. Hier greift der sogenannte „Taschengeldparagraph“ (§110 BGB). Er besagt, dass Kinder ab dem vollendeten siebten Lebensjahr ein Rechtsgeschäft – zum Beispiel den Kauf eines Spielzeugs – selbstständig abschließen dürfen, wenn sie es sich aus eigenen Mitteln leisten können und es verhältnismäßig ist. Selbstständig bedeutet, dass die Eltern nicht zustimmen müssen. Bei Kindern unter sieben Jahren müssen die Eltern immer zustimmen. Verhältnismäßig heißt zum Beispiel beim Spielzeugkauf, dass die Playmobil-Figur drin ist. Mehrere tausend Euro für die Sammlerausgabe der Figur sind aber nicht mehr verhältnismäßig, Eltern können den Kauf dann rückgängig machen.

Sieben Jahre ist im Übrigen auch die Untergrenze bei den meisten Finanzinstituten, die Girokonten für Kinder anbieten.

Das mitwachsende Kinderkonto der Sparkasse begleitet seine kleine Besitzerin oder seinen Besitzer von der Geburt bis zum Erwachsenwerden. Eltern können das Konto für ihre Kinder jederzeit einrichten – beispielsweise direkt nach der Geburt des Nachwuchses.

Alle Informationen auf www.sparkasse.de

Wie Grundschüler:innen die Welt erleben

Jetzt könnte man sagen: Na, und? Sowohl die kognitiven Fähigkeiten als auch die rechtlichen Begebenheiten sind nicht neu. Siebenjährige sind Siebenjährige. Denkste! Als Millennial- oder Gen-X-Eltern oder gar als Großeltern noch anderer Generationen können wir uns oft nicht wirklich vorstellen, wie drastisch sich das Erleben der Kinder heute von unserem eigenen unterscheidet.

Blogartikel: Finanzbildung

Wer nach 2010 geboren wurde, gehört der Generation Alpha an; allein in Deutschland leben laut Statista zehn Millionen Gen-Alpha-Kinder. Diese Kids wachsen hybrid auf: Von ihnen wird erwartet, dass sie in der analogen und der digitalen Welt zurechtkommen, auch wenn ihre Zukunft doch wahrscheinlich mehr digital als alles andere sein wird. Sie sollen bitte draußen spielen „wie früher“, aber auch die Vielfalt der Medien beherrschen. Sie sollen Bargeld kennenlernen und verstehen, auch wenn sie im Alltag der Eltern vielleicht kaum mehr Bargeld erleben. 

Und egal, wie langsam der Trend hin zur bargeldlosen Gesellschaft ist, wir sehen die bargeldlose Zukunft unserer Kinder als gesichert an.
Im Grundschulalter lernen Kinder den Umgang mit Taschengeld, sie bekommen Geldgeschenke, lernen Bezahlen und Sparen. Das alles ist heute ungemein schwieriger in einer Welt der Instant Gratification. Gemeint ist damit die unmittelbare Befriedigung von Bedürfnissen oder Wünschen ohne Zeitverzug. Wir kennen das von uns selbst, ob Essenslieferung binnen 20 Minuten oder Dopamin-ausschüttende Kommentare in sozialen Medien.
Für Kinder sind die Möglichkeiten, Geld auszugeben, heute vielfältiger, die Versuchungen allgegenwärtig: In der Drogerie gibt’s die Handseife mit Paw-Patrol-Figuren bedruckt, teurer als die herkömmliche, versteht sich. In harmlosen scheinenden Videos auf YouTube Kids lauern die renitenten Family-Vlogger, die Kindern Produkte verkaufen wollen. Und ein Supermarktbesuch mit Kindern ist für Eltern ein Spießrutenlauf angesichts all der Dinge, die Kindern schnelle Befriedigung für ein paar Euro ihres Taschengeld versprechen.

Kein Wunder, dass Kinder ihr Taschengeld impulsiv für kurzfristige Vergnügungen ausgeben, anstatt es für langfristige Wünsche zu sparen. Dabei gehört Sparen zu den wichtigen Säulen beim Umgang mit Geld.

Nicht nur Theorie, sondern Praxis: Finanzkompetenz zeigt sich im tatsächlichen Verhalten

Als Eltern gehören Finanzbildung und die Vermittlung von Finanzkompetenz zu unseren Aufgaben. Wobei wir mit den über 50 Prozent Eltern d’accord gehen, die sich laut einer Studie von Mastercard und dem Fintech-Unternehmen Bling wünschen, dass diese Themen auch in deutsche Lehrpläne einfließen. Einzig und allein den Eltern diese Aufgaben zu überlassen, führt unweigerlich zu sozialer Ungleichheit. Nicht alle Menschen haben die zeitlichen, finanziellen oder mentalen Ressourcen, ihre Kinder hierbei zu unterstützen.

Und Finanzbildung und -kompetenz sind nur die Grundlage. Sie allein machen noch kein finanziell fittes Individuum. Um die Kenntnisse im realen Leben umsetzen zu können, braucht es ein gesundes Finanzverhalten und vor allem -disziplin. Hierzu gehört auch die psychologische Grundlage eines jeden Sparverhaltens, die Delayed Gratification. Kinder müssen lernen, dass es nicht nur sofortige Befriedigung (Instant Gratification) gibt, sondern auch wie belohnend es sein kann, Anschaffungen aufzuschieben. Nur so erlangen sie ein Verständnis dafür, wie wichtig Sparen ist – die Grundlage für finanzielle Gesundheit im Erwachsenenalter. 

Zehn Methoden, wie du deine Kinder finanzkompetent machst

  1. Taschengeld verwalten: bar und nicht bar.
    Hier gibt es Empfehlungen, in welchem Alter welches Taschengeld angemessen ist. Die Auszahlung kann bar oder nicht bar erfolgen. Mike Schäfer, Psychologe, Kinderbuchautor und Mitgründer der „Beziehungs-Investor*innen“, empfiehlt zum Beispiel als Zwischenschritt vor dem ersten offiziellen Girokonto ein Sparkonto mit Zinsen zu simulieren, einfach mit einem kleinen Notizbuch bei den Eltern. „Die Idee dahinter ist, das Konto haptisch zu erfahren. Wo ist mein Geld? Was bedeuten die Zahlen? Wie lese ich einen Kontoauszug?“, erläutert er. Eine clevere Idee, finden wir.
  2. Sparziele setzen:
    Ob im Notizbuch, einer Excel-Tabelle oder in Apps wie der Knax App – es bietet sich an, Sparziele schriftlich festzulegen und dem Kind dabei zu helfen, diese auch zu verfolgen. Wenn man nur darüber redet, sind die Ziele im Zweifel ganz schnell wieder vergessen, sobald die Instant Gratification lockt.
  3. Praktisches Einkaufen:
    Kinder lernen durch Nachahmen und als primäre Bezugspersonen sind wir ein Vorbild selbst bei unbedachten alltäglichen Handlungen wie dem Einkaufen. Wenn ihr online oder am Point of Sale einkauft, erklärt eure Einkäufe, thematisiert Budgets, Preisvergleiche u.v.m.
  4. Spiele zur finanziellen Bildung:
    Es gibt auch für die Jüngsten schon Brettspiele oder Apps, um spielerisch Finanzkonzepte zu vermitteln. Unsere Tochter zum Beispiel hat ein Restaurant-Spiel auf ihrem iPad, wo sie Geld verdient und wieder reinvestiert.
  5. Konto-App verwenden:
    Um das Konzept der bargeldlosen Wertaufbewahrung und des kartenbasierten Bezahlens zu erklären und einzuüben, ist ein echtes Konto ein wichtiger Schritt – egal ob Schülerkonto in der Sparkassen-App, MyMonii oder was anderes. Je kindgerechter die Oberfläche, desto leichter die Vermittlung.
  6. Finanzgespräche führen:
    Führt offene Gespräche über Geld, auch über Sorgen und Emotionen. Aber Achtung, muss kindgerecht sein! Weil wir ein paar Wünsche mit Verweis auf „Wir verdienen gerade nicht so viel Geld“ abgewiesen haben, hatte unsere Tochter plötzlich Sorge, wir könnten uns nichts mehr zu Essen leisten.
  7. Eigenes kleines Geschäft:
    Der klassische Limonadenstand ist perfekt, um unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern und auch Geschäftsgebaren zu verstehen. 
  8. Geldgeschichten lesen: 
    Glaubt uns, es gibt so viel mehr (und Besseres) als „Conni bekommt Taschengeld“. 😉 Wählt Geschichten zum Lesen, in denen Geld eine Rolle spielt oder erklärt wird, da gibt’s in der Regel auch was zum Ausleihen in der Bücherei.
  9. Flohmärkte besuchen:
    Wir geben unserer Tochter regelmäßig die Möglichkeit, ihr Taschengeld mit auf einen Flohmarkt zu nehmen. Dort lernt sie nicht nur Nachhaltigkeitsprinzipien, sondern auch das Prinzip des Handelns. Später darf sie dann auch mal als Verkäuferin dorthin.
  10. Geld für wohltätige Zwecke sammeln:
    Bei Spendenaktionen z.B. in der Schule oder im Sportverein unbedingt mitmachen und Verständnis für größere Summen entwickeln. Das stärkt die Selbstwirksamkeit und schafft ein Bewusstsein dafür, dass nicht alle Menschen den gleichen Zugang zu Geld haben.

Manches davon haben wir selbst in unserer Kindheit erlebt – vieles aber auch nicht. Denn: Die Zeiten haben sich drastisch gewandelt, die Möglichkeiten zur Instant Gratification in der Welt haben enorm zugenommen. Es wäre fatal, wenn Eltern ihre eigenen Erfahrungen aus der Kindheit einfach übertragen auf ihre Generation-Alpha-Sprösslinge, da sie selbst die heutige Welt nie mit den kognitiven Fähigkeiten von Siebenjährigen erlebt haben.

Also sucht euch euren Mix aus diesen Methoden. Das Tolle daran: Man kann einfach so lange ausprobieren, bis es Klick macht, und auch die Herangehensweise immer wieder anpassen. Manche Sachen klappen besser als andere.

Wir haben übrigens die Sache mit dem Spielgeld von der Bundesbank zwischenzeitlich etwas bereut: Alle paar Tage ist der Fußboden wieder übersät mit Pappmünzen und vielleicht sind jedes Mal beim Aufräumen ein paar Münzen versehentlich in den Müll gewandert. Nur in einem unbeobachteten Moment und so, dass sie im Müll nicht entdeckt wurden. Denn wie gesagt: Kinder saugen auf, was sie bei uns Erwachsenen sehen. Nicht dass das Kita-Kind sich was Falsches aneignet, bevor es überhaupt versteht, was Geld wirklich ist. 🙈

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Autor:innen

Caro Beese
Journalistin & Content Creatorin, Schwerpunkt Female Finance & Digital Banking

 

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☎  0171 - 28 18 585 

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Clas Beese
Fintech-Journalist, Content Creator, Gründer & Geschäftsführer finletter & Fintech Week

 

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