Dürfen Geschäfte die Bargeldzahlung verweigern?

Als der Technikhändler Gravis - nach eigener Aussage „Deutschlands größte autorisierte Apple-Handelskette“ - Mitte Januar dieses Jahres ankündigte, in seinen bundesweit 40 Filialen kein Bargeld mehr anzunehmen, war das noch eine mediale Sensation – selbst Spiegel, FAZ und N-TV berichteten. 

Bye, bye Bargeld: Immer mehr Geschäfte verzichten aufs Cash!

Doch schnell zogen weitere Händler und Dienstleister nach: Im Februar kündigte der Mobilfunkanbieter Freenet an. ebenfalls kein Bargeld mehr zu akzeptieren. Und in Berlin sprangen vor allem Restaurants und Gastronomiebetriebe auf den Trend auf und verbannten Münzen und Scheine aus ihren Kassen – etwa die Burgerbar „Kuhmuhne“ in Berlin-Blumental, die Fast-Food-Kette „Vincent Vegan“ oder das Gastro-Franchise „Little Green Rabbit“. 

Aber nicht nur in der hippen Hauptstadt, sondern in ganz Deutschland wollen auf einmal Bäckereien, Metzgereien, Apotheken und andere Geschäfte, dass ihre Kunden nur noch bargeldlos zahlen. Da fragt sich natürlich der bargeldverliebte deutsche Verbraucher: „Dürfen die meine Münzen und Scheine einfach so ablehnen?

 

Die Antwort ist ein klares „Ja, aber“! 

Blogartikel: Bargeldablehnung im Handel

Die Empfehlung der Europäischen Kommission

Blogartikel: Bargeldablehnung im Handel

Grundsätzlich ist in Deutschland der Euro das einzige gesetzliche Zahlungsmittel. Daraus leitet sich eine Annahmepflicht ab. Das bedeutet jedoch nicht, dass er zwingend in Form von Münzen oder Scheinen über die Ladentheke wandern muss. Denn auch die Karten- oder Smartphone-Zahlung erfolgt ja in Euro.

 

Die Europäische Zentralbank verweist auf ihrer Webseite zu der Frage „Dürfen Einzelhändler Zahlungen mit Bargeld ablehnen?“ auf die Empfehlung 2010/191/EU der Europäischen Kommission. Dort heißt es:

 

  • Einzelhändler dürfen Barzahlungen nicht ablehnen, es sei denn, Käufer und Verkäufer haben sich auf die Nutzung anderer Zahlungsmittel geeinigt.
  • (…) Einzelhändler müssen einen berechtigten Grund haben, z. B. dass sie nicht genügend Bargeld vorhalten können, um Wechselgeld zurückzugeben, oder dass die Verwahrung großer Bargeldmengen konkrete Sicherheitsrisiken für sie birgt.

Für den zweiten Punkt gilt das juristische Prinzip von „Treu und Glauben“: der Kunde muss davon ausgehen können, dass der Händler ihm gegenüber aufrichtig ist. Denn im Alltag wird er in aller Regel nicht beurteilen oder nachprüfen können, ob der Händler, Dienstleister oder Gastronom wirklich nicht genügend Wechselgeld vorhalten kann oder zu viel Bargeld in den Kassen ein zu hohes Sicherheitsrisiko birgt. 

Karte oder kein Einkauf?

Auch das Münzgesetz (§ 3 Abs. 1 Satz 2). § 3 MünzG - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)  schlägt sich hier eher auf die Seite der Händler. Demnach ist niemand verpflichtet, mehr als 50 Münzen anzunehmen oder bei Einkäufen über eine Gesamtsumme von 200 Euro hinaus die Zahlung in Euro- und Cent-Münzen zu akzeptieren Wird die Bargeldannahme aus diesen Gründen verweigert, können die Kunden also im Prinzip nichts dagegen unternehmen.

Der erste Punkt aus der Kommissions-Empfehlung ist für den Alltag aber noch viel relevanter: In Deutschland gilt nämlich die sogenannte Vertragsfreiheit zwischen Händler und Kunde. Das bedeutet, dass ein Händler selbst entscheiden darf, ob er ausschließlich Bargeld, ausschließlich Kartenzahlung oder eben einen Mix von beidem akzeptiert. 

Blogartikel: Bargeldablehnung im Handel

Machen Geschäfte davon Gebrauch, müssen sie allerdings ihre Kundschaft vor Kaufabschluss gut sichtbar darüber informieren, welche Zahlungsarten sie akzeptieren. Meistens weisen Schilder wie „Hier nur Kartenzahlung“, „keine Bargeldannahme“ oder „cash only“ an der Eingangstür, in den Schaufenstern oder im Kassenbereich darauf hin.
Die Kunden können dann vor Betreten des Ladens immerhin noch mit den Füßen abstimmen und ein Geschäft aufsuchen, in dem ihr bevorzugtes Zahlungsmittel willkommen ist. 


Autor

Blogartikel: Bargeldablehnung im Handel

Stephan Arounopoulos
Presse & Öffentlichkeitsarbeit

 

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☎  0711 782-99230

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