S-Payment – Interview mit guudcard
„Nachhaltigkeit wird durch die guudcard wirklich greifbar“
Mit der Benefit-Karte guudcard können Unternehmen ihre Mitarbeitenden unterstützen und gleichzeitig nachhaltig wirken. Welchen Impact die Karte hat, wie Nutzer:innen selbst mitgestalten können und wie die Zukunftsvision des Startups für die Zukunft aussieht, erklärt Mitgründerin Susanna Mur (rechts im Bild) im Interview.
Caro Beese für S-Payment
Susanna, du bist eine der Gründerinnen des Startups guud. Wenn man auf eure Website oder eure Social-Media-Kanäle schaut, dann sieht man dort meistens Menschen, die grinsend eine Karte in die Kamera halten. Der Zusammenhang zum Thema Payment liegt dadurch nah – erklär aber doch mal: Was ist das für eine Karte?
Susanna Mur:
Das ist die guudcard, eine Benefit-Karte, mit der Unternehmen ihre Mitarbeitenden bei einem nachhaltigen Lebensstil unterstützen können. Konkret handelt es sich um eine Mastercard-Debitkarte, die vom Arbeitgeber mit Guthaben aufgeladen wird – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen steuerfrei bis zu 50 Euro im Monat. Als Nutzer:innen der Karte bekommen die Mitarbeitenden eine Übersicht von uns geprüft nachhaltigen Orten in der Umgebung aus allen Lebensbereichen, also vom Biomarkt über Restaurant, Fahrradladen, Kunst und Kulturstätte, Secondhandladen und viele mehr und können dort mit dem Guthaben auf der Karte einkaufen.
Ist das nur die physische Karte oder lässt sich das auch integrieren in Apple Pay etc.?
Susanna Mur:
Es gibt die guudcard auch als rein virtuelle Karte, die rund zwei Drittel unserer Kunden und Kundinnen nutzen. Die physische Karte ist nur noch eine Art Add-on. Anfang 2024 haben wir das umgestellt, damit wir die Plastikkarten gar nicht mehr produzieren müssen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist.
Das passt ja auch zu eurem nachhaltigen Unternehmen-Purpose. Wie viele Unternehmen nutzen denn die guudcard und was sind das für Unternehmen, eher kleinere oder auch größere?
Susanna Mur:
Unsere reinen guudcard-Kundenzahlen liegen zwischen 100 und 150. Insgesamt – also einschließlich unseres guudscheins, einem Wertgutschein für viele nachhaltige Shops – haben wir aktuell an die 250 Kunden. Viele davon sind kleine, ohnehin schon super nachhaltige Unternehmen, die sagen: Wenn wir Benefits einführen, dann machen wir das nur so wie mit euch. Wir haben aber inzwischen auch größere Unternehmen, zum Beispiel Banken oder Dax-Konzerne, die Nachhaltigkeitsmaßnahmen brauchen, die in der Umsetzung simpel sind, aber auch – und das ist das Wichtige – bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gut ankommen. Denn ganz oft ist es so bei Unternehmen, dass die Mitarbeitenden von Nachhaltigkeitsmaßnahmen gar nichts mitbekommen. Dabei ist das ja auch ein Riesenthema, das für die arbeitende oder arbeitssuchende Bevölkerung immer wichtiger wird.
Wie viele Menschen erreicht ihr denn über diese 250 Unternehmen?
Susanna Mur:
Es dürften so um die 3.000 Menschen sein, die gerade mit einer guudcard herumlaufen und fast 10.000, die bereits einen guudschein geschenkt bekommen haben. Wir haben aber auch ganz viele Unternehmen, die jetzt mit dem Jahresanfang starten, das ist ein ganz typischer Startpunkt. 2025 werden es also hoffentlich noch viel viel mehr.
Viele eurer Kunden haben naheliegenderweise schon die Nachhaltigkeit in ihrer DNA. Welche Kriterien habt ihr denn von eurer Seite? Oder nehmt ihr erstmal jedes Unternehmen, das euer Kunde werden möchte?
Susanna Mur:
Also per se schon. Es kam jetzt noch nie eine Situation, wo irgendwie ein Unternehmen auf uns zugekommen wäre, das wir moralisch sehr fragwürdig finden. Würde das kommen, dann würden wir uns das auf jeden Fall genauer anschauen und überlegen. Aber prinzipiell sagen wir: Jede Person, die eine guudcard hat, leitet bis zu 50 Euro mehr im Monat in den nachhaltigen Handel und kriegt damit auch Inspiration, das Ganze vielleicht auch immer mehr im restlichen Konsumverhalten umzusetzen. Je mehr gute Karten im Umlauf haben, desto mehr Impact können wir haben, und das ist für uns das Wichtigste.
Wie ist denn das Feedback von den Unternehmen und den guudcard-Nutzer:innen?
Susanna Mur:
Unsere Kunden finden es gut, dass Nachhaltigkeit durch unsere Karte für sie wirklich greifbar ist und sie ihre Werte auch in den Benefits verankern können. Die einfache Verwaltung ist natürlich auch ein wichtiges Thema. Wenn du so einen Benefit einführst, hast du keine Lust, ständigen Administrationsaufwand damit zu haben. Auch für die Mitarbeitenden ist die Karte – da es eine Mastercard ist – total einfach in der Handhabung, was sehr gut ankommt. Und das wiederum ist natürlich auch für die Unternehmen wichtig. Von den Mitarbeitenden bekommen wir insgesamt sehr positives Feedback, zum Beispiel dass der Entdecken- und Inspirationsfaktor sehr groß ist. Dass man einfach mal schauen kann: Was gibt es denn eigentlich in meiner Umgebung? Alles, wo ich nachhaltig einkaufen kann, was ich vielleicht noch gar nicht kannte. Das positivste Feedback der Nutzer:innen ist oft, dass sie es total cool finden, dass sie mitgestalten können. Wir haben nämlich eine Möglichkeit für Nutzende, über die sie uns neue Orte vorschlagen können. Wir bekommen so zwischen 20 und 30 solche Vorschläge von Nutzenden pro Woche. Das zeigt uns: Es ist mehr als nur eine Karte, sondern es ist wirklich auch eine Auseinandersetzung mit dem Thema – und genau das wollen wir erreichen.
Die guudcard ist zwar auch in Online-Shops einsetzbar, ihr betont aber sehr den stationären Handel. Hat das Nachhaltigkeitsgründe?
Susanna Mur:
Eine unserer Motivationen bei der Gründung von guud war auch die Erhaltung von Vielfalt und Lebenswert unserer Städte und Orte. Und dazu tragen eben hauptsächlich kleine, inhaber:innen-geführte Läden bei, hinter denen individuelle Persönlichkeiten stehen - und nicht die 50. Filiale einer Kette. Daher legen wir auch bei guudcard einen großen Fokus auf genau diese Läden und dadurch bleiben die Gelder eben auch ganz gezielt in der Region. Die Online-Shops, die mit dabei sind, komplettieren das Angebot: Auch sie sind alle auf Nachhaltigkeitskriterien geprüft und kleine, regionale Anbieter.
Ist die guudcard noch eher ein Großstadtphänomen?
Susanna Mur:
Ein Großteil unserer Unternehmen sitzt in größeren Städten. Es ist ja kein Geheimnis, dass die Infrastruktur in größeren Städten eine andere ist als ländlich, wenn man in den Bereich Nachhaltigkeit schaut. In München, wo wir sitzen, haben wir mittlerweile fast 1.000 Orte dabei, von Secondhandläden über Buchläden usw. Wir haben aber auch – und das ist uns sehr wichtig – ein ländliches Angebot. Da gibt es Hofläden, Fahrradläden, einen Biomarkt etc.. Grundsätzlich kann wirkliche jede:r Nutzer:in Einlösemöglichkeiten für die 50 Euro im Monat finden!
Nach welchen Kriterien wählt ihr denn die Akzeptanzstellen aus?
Susanna Mur:
Da stützen wir uns auf den Kriterienkatalog, den unser Partner – die unabhängige Münchner Genossenschaft Future Cooperative – entwickelt hat. Uns ist total wichtig, dass diese Kriterien unabhängig von uns aufgestellt werden. Die Mission von Future ist es, eine Karte aller nachhaltigen Orte zu erstellen. Sie haben dafür mit einem wissenschaftlichen Beirat ein Rating entwickelt, nach dem sich stationäre Orte bewerten lassen. Das sind rund 30 ökologische, soziale und Governance-Kriterien. Wir von guud schauen uns dann basierend auf diesen Kriterien die Orte an, zum Beispiel: Ist das ein vegetarisches Restaurant? Oder ist das ein Betrieb, der viel im Bereich Inklusion macht? Ist das ein kleiner inhabergeführter Laden oder ein großer Konzern, wo man nicht genau weiß, wo die Gewinne eigentlich hinfließen? Unsere Bewertung ist sozusagen eine Kombination aus diesen drei ESG-Kriterien. Dieses holistische Nachhaltigkeitsverständnis ist für uns total wichtig und dadurch ergibt sich auch eine große Vielfalt.
Falls jemand das nach dem Lesen unbedingt auch für sein Unternehmen haben möchte, mit welchen drei Argumenten können Mitarbeiter:innen ihre Personalabteilung oder die Chef:innen überzeugen?
Susanna Mur:
Also zum einen: Unternehmen überzeugt man ja oft über das Thema Geld. Der Sachbezug, der hinter der guudcard steht, ist für beide Seiten steuer- und sozialabgabenfrei. Das sind 50 Euro im Monat, also 600 Euro im Jahr, die brutto für netto bei den Mitarbeitenden ankommen. Das zweite Argument ist, dass das eine sehr sichtbare und effektive Nachhaltigkeitsmaßnahme ist. Jeder Euro, der auf die guudcard geladen wird, wird in die Mitarbeitenden investiert, aber gleichzeitig eben auch in nachhaltige Orte in der Region. Das heißt: guudcard wirkt und kann wirklich auch als Nachhaltigkeitsmaßnahme nach draußen kommuniziert werden. Bei 100 Mitarbeitenden könnte ich sagen: Ich habe 60.000 Euro im Jahr in die nachhaltige Entwicklung der Region und in meine Mitarbeitenden investiert, also gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Und das dritte Argument für guud: Das Unternehmen muss nur einmal die Karte einführen, danach sind die laufenden Verwaltungsaufwände super gering bei hoher Flexibilität. Deswegen zahlt sich das auf jeden Fall aus. Für alle.
Wie kann ich mir das vorstellen? Ein Unternehmen sagt: Wir machen das! Und dann bekommen die Zugang zu einer Weboberfläche und richten da ihre Mitarbeiter ein?
Susanna Mur:
Ganz genau. Also wir geben ein Finanzprodukt heraus, das heißt, wir müssen natürlich die Bafin-Regularien beachten und das Unternehmen erst einmal legitimieren und dann in dessen Namen ein Konto erstellen. Wir richten dann erstmals das Unternehmen im System ein und die Unternehmen können dann in der Verwaltungsoberfläche selbst Mitarbeitende hochladen und ganz flexibel selbst entscheiden, wie viel Geld im Monat auf welche Karte fließen soll. Und dann ist es nur noch eine Überweisung des Gesamtbetrags im Monat, die auf das Unternehmen zukommt.
Wo wird das Konto eröffnet?
Susanna Mur:
Wir arbeiten mit dem französischen Fintech Swan zusammen. Das war tatsächlich auch ein Prozess für uns: Swan ist für uns der dritte Kartendienstleister in drei Jahren.
Wieso das?
Susanna Mur:
Der erste Wechsel war gewollt, weil wir mehr Flexibilität brauchten und eben auch virtuelle Karten. Dann hat der neue Anbieter im Frühjahr Insolvenz angemeldet. Das war nicht so schön, wir mussten alle Kunden, ihre Konten und Karten nochmal umziehen. Den richtigen Partner zu finden, war auch nicht einfach. Wir haben eine sehr spezifische Leistung gesucht: Wir brauchen ja die Möglichkeit, die Mastercard so einzuschränken, dass sie wirklich nur da funktioniert, wo sie funktionieren soll – und zum Beispiel nicht, wenn du bei der Tankstelle einkaufst.
Du hast gerade schon gesagt, dass Wirtschaftlichkeit für Unternehmen ein Argument für guudcard ist. Das bringt mich zu meinen letzten Fragen, nämlich zu eurer eigenen Wirtschaftlichkeit. Ins Jahr 2024 seid ihr mit der Verkündung einer Finanzierungsrunde gestartet und habt ihr dem Zusammenhang betont, dass ihr auch als Impact Startup auf Investments angewiesen seid. Wie steht es denn um eure Profitabilität?
Susanna Mur:
Momentan schreiben wir noch keine schwarzen Zahlen, aber wir sind auf dem Weg! Unser Geschäftsmodell ist: Wir finanzieren uns über die monatlichen Gebühren vom Arbeitgeber. Die sind relativ klein und das bedeutet, dass wir erstmal eine stabile Masse aufbauen müssen. Wenn das gelungen ist, wird sich das aber relativ gut tragen, denn wenn jemand eine Maßnahme wie die guudcard einmal eingeführt hat, dann führt er das auch so schnell nicht mehr aus – denn wir legen viel Wert auf glückliche Kunden. Deswegen haben wir auch eine Anschubfinanzierung gebraucht, um die Zeit zu überbrücken, bis wir diese stabile Kundenbasis aufgebaut haben. Wir planen weiterhin, dass die erste Finanzierungsrunde unsere einzige bleibt.
Was würde mit den Restguthaben passieren, wenn es euch nicht mehr gäbe?
Susanna Mur:
Das haben wir ja schon bei unserem vorherigen Partner gesehen: Da gab es wirklich die Insolvenz, und die Konten waren alle einlagengesichert. Die Guthaben wurden also zurücküberwiesen. Zwischen uns und Swan ist übrigens ein Technologiepartner geschaltet, von dem das Verwaltungs-Dashboard für Arbeitgeber kommt. Das ist ein Unternehmen aus Berlin, das ebenfalls Benefit-Karten anbietet. Also selbst wenn es guud nicht mehr gäbe, wäre dieses Unternehmen in der Lage, unsere Kunden weiterzuführen. Doch wir hoffen natürlich, dass dieser Fall nicht eintreten wird.
Wie sieht eure Vision für das Unternehmen für die nächsten fünf Jahre aus?
Susanna Mur:
Wir versuchen sehr nah an den Kunden zu sein und haben unsere Produkte auch immer nach Kundenwünschen weiterentwickelt bzw. auch neue Produkte eingeführt, wie unseren nachhaltigen Geschenkgutschein guudschein. Jetzt sind wir gerade an der Planung und Überlegung bezüglich einer Lösung für den Essenszuschuss, weil wir das von Kunden auch viel gehört haben. Ich sehe uns mittlerweile als ein Unternehmen, das nachhaltige, innovative Angebote in diesem Benefit-Space umsetzt. Und hier wollen wir in den nächsten fünf Jahren unsere Stellung als beste Lösung am deutschen Markt ausbauen.
Caro Beese
Ich danke dir für deine Zeit, Susanna, und viel Erfolg euch!
Weitere Infos:
Die beiden Gründerinnen Susanna Mur und Alina Friedrichs rechts im Bild.
Autorin
Caro Beese
Journalistin & Content Creatorin, Schwerpunkt Female Finance & Digital Banking
✉ Schreib uns eine Email mit deinem Anliegen.
🚀 Jetzt auf linkedIn vernetzen.