Warum zahlen Frauen anders als Männer?

01.10.2024 Blog, Wissen & Mythos

Nur eine von zehn Frauen bezahlt am liebsten mit dem Smartphone – bei Männern sind es doppelt so viele.
Was sind die Gründe dafür? Unsere Autorin Caro Beese ist auf Spurensuche.

Frauen zahlen anders – die versteckte Kluft im Payment-Verhalten

Frauen verdienen 18 Prozent weniger als Männer (Gender Pay Gap), sie leisten 44 Prozent mehr unbezahlte Care-Arbeit (Gender Care Gap) und bekommen rund 30 Prozent weniger Rente (Gender Pension Gap). Sie verdienen in ihrem Leben weniger als Männer (Gender Lifetime Earnings Gap), investieren weniger (Gender Investment Gap) und wenn sie Kredite aufnehmen, zahlen sie höhere Zinsen.

Frauen sind von so vielen Gender Gaps betroffen, die sie finanziell strukturell benachteiligen – diese Aufzählung könnte ich noch eine Weile weiterführen. Es ist wenig verwunderlich, dass es auch beim Thema Payment einen deutlichen Unterschied zum Bezahlverhalten von Männern gibt.
–– An dieser Stelle ein kurzer Einschub: In allen Studien zu Gender Gaps, die mir bisher untergekommen sind, geht es immer nur um die zwei binären Geschlechter. Das ist ein Problem, aber ein Thema für ein anderes Mal. 

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Um das mit dem Bezahlen einmal in konkreten, topaktuellen Zahlen auszudrücken:
Die Deutsche Bundesbank hat kürzlich ihre neue Untersuchung zum Zahlungsverhalten in Deutschland 2023 veröffentlicht, die den Gender Gap beim Thema Bezahlen zumindest in Teilen belegt. Grundsätzlich zeigt die Studie – nach der Pandemie wenig überraschend –, dass sich die Präferenz in den letzten Jahren in Richtung bargeldlosem Bezahlen verschoben hat und zwar ungefähr gleich bei Frauen wie Männern (siehe Abbildung 1). Doch nur etwa eine von zehn Frauen (9 Prozent) bevorzugt dabei das mobile Bezahlen; bei Männern sind es doppelt so viele (siehe Abbildung 2). Auch der Visa Payment Monitor zeigte schon 2022 diese Diskrepanz: Demnach zahlt mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Männer mobil, doch gerade mal 12 Prozent der Frauen.

Während die Gründe für Gender Pay/Pension/Investment/etc. Gap schon ausgiebig untersucht wurden, gibt es für das deutlich unterschiedliche Zahlverhalten noch keine wissenschaftlich fundierte Erklärung. Also kann ich nur Vermutungen anstellen.

Huch, Mobile Payment ist ja gar nicht so kompliziert

Dröseln wir das also mal auf. Zunächst: Männer und Frauen sind in der täglichen Dauer der Smartphone-Nutzung ungefähr gleichauf; es kann also nicht daran liegen, dass Frauen einfach seltener ihr Handy in der Hand hätten, denn das stimmt nicht. Wenn jemand eine App nicht nutzt, liegt das in der Regel zum einen an der App und zum anderen an der Person selbst. Doch wenn Männer eine App nutzen, Frauen hingegen nicht (oder deutlich weniger), dann liegt die Vermutung nah, dass der Unterschied auch etwas mit ihrem Gender zu tun hat – nicht mit biologischen Implikationen, sondern mit soziologischen Umständen.

Es fängt dabei an, dass Frauen ihre Finanzbildung subjektiv als geringer einschätzen (unabhängig davon, ob sie objektiv geringer ist als die von Männern) und zudem in der Regel einen höheren Informations- und Aufklärungsanspruch haben. Sprich: Sie denken, dass sie noch nicht genug wissen, um zum Thema Finanzen eine Entscheidung zu treffen oder ins Tun zu kommen.
Neulich erst saß eine Freundin staunend neben mir, als ich mit dem Handy ruckzuck das Essen bezahlte. Wir haben dann ihre Google Wallet geöffnet und sie hat gesehen, dass es nur wenige Schritte bräuchte, um ihre Bezahlkarte(n) in die App zu integrieren. Sie sagte, sie habe immer gedacht, das sei ein furchtbar komplizierter Prozess.

Jetzt könnte man sagen, dass Frauen sich offensichtlich also selbst im Weg stehen. Doch es ist zu einfach, mit dem Finger auf die Individuen zu zeigen, wenn Studie über Studie über Studie eine strukturelle Benachteiligung klar nachweisen.

Das Zauberwort lautet „Women Centric Design“

Wer also möchte, dass zum Beispiel eine Mobile-Payment-Lösung von mehr Frauen genutzt wird, der muss verschiedene Aspekte berücksichtigen: Es ist zum einen relevant, wie einfach der Onboarding-Prozess für eine Mobile-Payment-Lösung tatsächlich ist – und als wie schwierig er empfunden wird. Was wiederum eng damit zusammenhängt, an wen und wie man ein Produkt vermarktet. Ganz platt gesagt: Wenn nicht total offensichtlich ist, wie man seine Karte in Google oder Apple Pay hinzufügt oder das Bezahlen mit der Bank-App aktiviert, dann schreckt das Männer eher nicht ab, Frauen schon.

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Nicht zuletzt ist deswegen die wichtigste Frage: Für wen wird ein Produkt geschaffen?
Immer noch werden neun von zehn Finanzprodukten von überwiegend Männern gebaut – und in der Regel für Männer. Zu selten wird berücksichtigt, dass die Lebensentwürfe, Erwerbsbiografien und Herausforderungen von Frauen anders sind als die des durchschnittlichen Mannes. Übertragen auf das Thema Payment könnte das zum Beispiel bedeuten: Frauen nutzen zwar ihre Handys genauso viel wie Männer, aber anders. Wenn zum Beispiel eine Mama auf dem Spielplatz am Handy ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie gerade Familienmanagement betreibt. Ich spreche da aus Erfahrung. 😉
Es gibt einen Fachbegriff dafür, wenn man sich in der Produktentwicklung stattdessen auf Frauen als Zielgruppe fokussiert: Women Centric Design

Gemeint ist nicht, dass Produkte ausschließlich von Frauen genutzt werden sollen. Stattdessen berücksichtigt dieser Ansatz, dass Menschen sehr verschieden sind. Mögliche Nutzer:innen werden durch eine intersektionale Linse betrachtet und ihre Bedürfnisse nach sehr viel mehr verschiedenen Kriterien betrachtet.

Produkte, die auf diese Weise auf die Bedürfnisse und Vorlieben von Frauen abgestimmt sind, sind damit grundsätzlich Produkte, die inklusiver sind – und eben nicht nur für Frauen gedacht.

Und bald dann: „Mehr Frauen zahlen mobil als Männer“?

Es gibt keine falsche Art des Bezahlens (jedenfalls solange es Bargeld noch gibt), also ist es natürlich, dass es Unterschiede im Zahlverhalten der Menschen gibt. Wer jedoch mehr Frauen – und damit grundsätzlich mehr Nutzerinnen und Nutzer – für seine Finanzprodukte begeistert will, der kann dem Women Centric Design auf jeden Fall ein paar Ansatzpunkte zum Weiterdenken entnehmen.

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Autorin

Blog: Warum zahlen Frauen anders als Männer?

Caro Beese
Journalistin & Content Creatorin, Schwerpunkt Female Finance & Digital Banking

 

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